CDU-Klausur zu Land- und Forstwirtschaft in Siegen-Wittgenstein

20.09.2022

Vorfahrt für Photovoltaik, aber nicht zu Lasten landwirtschaftlicher Anbauflächen
Bei einer Fach-Klausurtagung der CDU-Kreistagsfraktion Siegen-Wittgenstein standen aktu¬elle Themen der Land- und Forstwirtschaft auf der Agenda. „Das sind angesichts der krisen¬haften Situation durch Ukraine-Krieg mit den Folgen für die Lebensmittel- und Energiever-sorgung wahrlich keine Randthemen mehr," so Fraktionsvorsitzender Hermann-Josef Droege in seiner Einführung.
Bei den hiesigen Landwirten herrscht große Sorge um den Erhalt notwendiger Anbauflächen. Das wurde aus den Beiträgen von Johannes Söbbeler, dem Referenten für Agrarstruktur bei der Landwirtschaftskammer Meschede, und von Henner Braach, dem Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes, deutlich. Söbbeler erläuterte zunächst die regionale Agrar-Struktur: In Siegen-Wittgenstein sind 663 landwirtschaftliche Betriebe tätig, gut ein Fünftel davon werden als Haupterwerbsbetrieb geführt. Ausgewiesen für den Kreis sind 18.330 Hektar an Landwirtschaftlicher Fläche, Dauergrünland mit 17.172 Hektar bildet darin den höchsten Anteil.
Für den Ackerbau werden allerdings nur 843 Hektar genutzt. „Ein Phänomen der 1980er Jahre," erklärt Nenner Braach. Damals sei der Zukauf von Getreide deutlich billiger geworden als die eigene Produktion. „Das hat sich völlig verändert, Viele Landwirte benötigen dringend mehr Anbaufläche für Brotgetreide, was ihnen durch ein Umbruchverbot von Grünland in Acker weitestgehend verboten ist," so Braach. Selbst die Wiedernutzung von Flächen, die im Grundbuch noch als Acker bezeichnet sind, aber irgendwann einmal eingesät wurden, sei ak¬tuell nicht möglich. „Die Ansprüche an die Freifläche steigen immer mehr und zur Versor¬gungssicherheit nach dem 24. Februar rückt die hiesige Nahrungsmittelproduktion deutlich mehr in den Mittelpunkt."
Hermann-Josef Droege bestätigte, dass die Kreistagsfraktion bereits bei einem Besuch auf dem Birkenhof in Wilnsdorf mit dieser Problematik „Umbruchverbot" ganz konkret konfrontiert worden sei. „Dieses Thema werden und müssen wir politisch aufgreifen", kündigte Droege an.
Eine besondere Problematik sprach Jutta Capito, Vorsitzendes des Kreis-Umweltausschuss, an: „In Siegen-Wittgenstein beträgt der Pachtanteil an landwirtschaftlicher Nutzfläche enorme 49 Prozent." Mit Blick auf die Grundstückeigner besteht die Gefahr, dass landwirtschaftliche Nutzflächen verloren gehen: „Bei angebotenen hohen Pacht-Summen könnten hier wertvolle landwirtschaftliche Nutzungsflächen verloren gehen." Henner Braach wird deutlich: „In unserer Region sind sogenannte Agri-PV-Verfahren, bei denen gleichzeitig Flächen für die landwirtschaftliche Produktion und durch aufgeständerte Photovoltaik-Anlagen für die Stromproduktion genutzt werden, kein Zukunftsmodell. Das mag bei Flächen von Obstanbau noch funktionieren, nicht aber im Brotgetreide-Ackerbau oder der notwendigen Grünlandnutzung." Die Gefahr: Bei Geschäftsmodellen der Agri-PV-Wertschöpfung werde hier die agrarische Nutzung in der Flächenkonkurrenz den Kürzeren ziehen. Entscheidend für die Bewertung ist ebenso, dass die Flächen unter den Agri-PV-Profilen hier nur ganz eingeschränkt möglich ist.
Einig ist sich die CDU-Kreistagsfraktion, dass die Bedeutung der Photovoltaikanlagen bei der Energiewende noch weiter deutlich steigen muss. „Das Potenzial für Neuanlagen auf Dachflächen ist weiterhin vorhanden und beispielsweise ist parallel intensiv über die Überdachung von PKW-Parkraum mit Photovoltaikanlagen nachzudenken," so Hermann-Josef Droege. Hier sei ein flächenneutraler Beitrag zur Energiewende besser als künstlich die dringend benötigten Anbauflächen einzuschränken.
Lob fand Jutta Capito für den Vertragsnaturschutz: „Hier leisten rund 300 Betriebe für 2.000 Hektar Fläche einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz."