Familienpolitisches Grundsatzpapier

10.08.2008

Beschlossen auf dem 41. Kreisparteitag am 10. März 2007

Präambel

Familienpolitik der CDU im Kreis Siegen-Wittgenstein basiert auf folgendem Familienverständnis:

Familie und Ehe sind der durch das Grundgesetz (Artikel 6) geschützte Ort, an dem partnerschaftliche Gleichberechtigung und Solidarität gelebt und der Sinn für Gerechtigkeit vermittelt wird. In der Familie entfaltet sich der Mensch zur Freiheit in Verantwortung: Hier erfahren Kinder Liebe und Geborgenheit und es werden ganz wesentliche Werte und Kompetenzen vermittelt (z.B. Rücksichtnahme gegenüber anderen, Gemeinschaftssinn), die sich aus dem christlichen Verständnis vom Menschen ergeben – seiner unveräußerlichen Würde und seiner Bezogenheit auf den Nächsten.

 

Das Verständnis von Familie ist breit angelegt, bei gleichzeitiger klarer Abgrenzung von der Vielzahl derzeitig bestehender alternativer Familienformen: Familie ist demnach überall dort, wo Eltern für Kinder und Kinder für Eltern Verantwortung übernehmen. Das Verständnis von Familie ist daher nicht ausschließlich auf junge Familien mit kleinen Kindern oder Jugendlichen begrenzt. Sie umfasst auch die Verantwortungsübernahme von Kindern gegenüber ihren pflegebedürftigen Eltern (= Miteinander der Generationen).

 

Ebenso stehen alleinerziehende Mütter und Väter im Mittelpunkt familienpolitischer Ansätze und Forderungen.

Familienpolitik der CDU im Kreis Siegen-Wittgenstein möchte sowohl die Tätigkeit von Müttern und Vätern zuhause als auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen.

Familienpolitik der Union im Kreis Siegen-Wittgenstein ist Querschnittspolitik: Das Thema „Kinder- und Familienfreundlichkeit“ muss deshalb auch in der CDU verbändeübergreifend angelegt sein.

Maßnahmen im Rahmen der Familienpolitik können und dürfen angesichts der Finanzierbarkeit, aber auch wegen ihrer qualitativ anderen Leistungsfähigkeit,  nicht ausschließlich von hauptamtlichen Kräften geplant und umgesetzt werden. Vielmehr muss es darum gehen, die Eigeninitiative jedes Einzelnen zu fördern und dabei gleichzeitig auch den Gemeinschaftssinn im Blick zu haben. Deshalb gilt es, Ressourcen aller Generationen zu nutzen.

 

Situation / Ausgangslage Kreis Siegen-Wittgenstein

 

Auch im Kreis Siegen-Wittgenstein wird sich in den nächsten Jahren ein gravierender demografischer Wandel einstellen: Prognosen gehen davon aus, dass die Region allein im Zeitraum 2005 bis 2015 weit über 7.000 Einwohner verlieren wird. Besonders betroffen ist dabei die Altersgruppe der 27 bis 45-Jährigen.

Die Folge: In Siegen-Wittgenstein werden weniger junge Menschen und Familien ihr Zuhause finden, was nicht nur dadurch bedingt ist, dass weniger Kinder geboren werden, sondern dass gerade Jüngere – meist aus beruflichen  Gründen - aus der Region abwandern. Gleichzeitig werden der Anteil von älteren Menschen und Hochbetagten (ab 80 Jahre) und der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund zunehmen.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung hat der Kreis Siegen-Wittgenstein im Jahr 2004 die Zukunftsinitiative „Siegen-Wittgenstein 2020 gestartet. Ergänzend zu dieser Initiative haben die Kommunen begonnen, lokale Maßnahmen und Bündnisse zu entwickeln.

Kommunalpolitische Forderungen

Der zu erwartende demografische Wandel erfordert möglichst zeitnahe Initiativen und Aktionen, die zu einer weiteren Verbesserung von Kinder- und Familienpolitik in der Region beitragen. Nur so kann sich Siegen-Wittgenstein in den nächsten Jahren im Wettbewerb der Regionen behaupten.

Kinder- und Familienfreundlichkeit als Standortfaktor

Zu einer kinder- und familienfreundlichen Infrastruktur gehören neben einem wirtschaftsstarken Standort ein exzellentes Kindergarten-, Schul- und Bildungsangebot sowie ein breites und abwechslungsreiches Freizeitangebot. CDU-Politik muss daher darauf achten, dass solche Angebote trotz angespannter öffentlicher Haushalte auch in Zukunft noch ausreichend vorhanden sind.

Der Kreis, die Städte und Gemeinden sowie private Unternehmen stehen aus Sicht der CDU in der Verpflichtung als Arbeitgeber, Dienstleister und auch als Initiatoren eine Vorbildrolle für Kinder- und Familienfreundlichkeit in und für die Region wahrzunehmen.

 

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Verlässliche, individuelle und flexible Betreuungsangebote sowie auf die Bedürfnisse von Familien zugeschnittene  Arbeitszeitmodelle sind der Dreh- und Angelpunkt bei der Frage, wie Familie und Beruf miteinander vereinbart werden können.

Dazu gehört auch die Aufforderung an unsere Landesregierung, andere Finanzierungsmodelle für den Kindergartenbereich zu entwickeln. Ziel sollte dabei sein, das letzte Kindergartenjahr als verpflichtendes Vorschuljahr stärker pädagogisch zu nutzen und beitragsfrei zu machen.

CDU-Politik macht sich stark für die verstärkte Förderung und Einrichtung von Heim- und Telearbeitsplätzen sowie den Ausbau von flexiblen Arbeitszeitmodellen in der Kreisverwaltung, den Städten und Gemeinden und heimischen Unternehmen (vgl. Beschluss vom Kreisparteitag am 7. November 2006).

Ebenso notwendig sind Maßnahmen, die einen gewünschten Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern.

 

Zukunftsorientierte Städteplanung

Demografischer Wandel erfordert ein grundsätzliches Umdenken und die vermehrte Beschäftigung mit der Frage nach dem Bauen im Bestand, Überplanung von unattraktiven bebauten Flächen mit Leerständen und neues Bauen im alten Dorf.

Eine Hauptaufgabe muss daher sein, dafür Sorge zu tragen, dass Stadt- bzw. Gemeindezentren Mittelpunkt des gemeinschaftlichen Lebens bleiben (Vermeidung des so genannten „Donut-Effekts“, mit dem die Ansiedlung um den Stadtkern herum und gleichzeitiger Entleerung von Stadtzentren bezeichnet wird).

Kommunalpolitik setzt daher vor allem darauf, Stadt- und Gemeindekerne zu stärken sowie ein offensives Flächen- und Baulückenmanagement zu betreiben.

 

Mobilität, Verkehr und ÖPNV

Verlässliche Mobilität, gerade auch im ÖPNV, ist ein wichtiges Kriterium kommunaler Familien- und Kinderfreundlichkeit, wobei die demografische Entwicklung in den ländlichen Gebieten zu völlig anderen Anforderungen an die Aufrechterhaltung der notwendigen Mobilität führt als beispielsweise in Großstädten.

Siegen-Wittgenstein braucht eine leistungsstarke Straßenverbindung, um den Wittgensteiner Raum verkehrlich anzubinden und um langfristig den heimischen Wirtschaftsstandort insgesamt zu stärken.

Im Bereich des ÖPNV gilt es zu verhindern, dass die mittelfristige Einwohnerentwicklung zu einem Mobilitätsverlust von älteren Menschen, Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien führt.