Rettungsdienstbedarfsplan Siegen-Wittgenstein

20.06.2017

Die CDU-Kreistagsfraktion beantragt, den in Vorlage 102/2017 beinhaltenden Beschlussvorschlag wie folgt zu ergänzen:

„II.
„Der Gesundheitsausschuss empfiehlt,
der Kreisausschuss schlägt vor,
der Kreistag beschließt:

Die Verwaltung wird beauftragt, umgehend die Vergabe für ein externes Gutachten „Weiterentwicklung des Rettungsdienstbedarfsplanes“ vorzubereiten und durchzuführen. Der Auftragnehmer soll unverzüglich mit den notwendigen Arbeiten beginnen.

Bestandteile der gutachterlichen Untersuchung für eine zukunftsfähige und sichere Versorgungssituation in Siegen-Wittgenstein für die Notfallrettung, den Krankentransport und die Notärztliche Versorgung sollen neben der Optimierung der Hilfsfristen ergänzende Gesichtspunkte sein:

1.      Es gilt zu erheben, ob die Rettungswachen in ihrem Raumangebot, der technischen Ausstattung und an ihrem Standort für die aktuellen und zukünftigen Aufgaben hinreichend gerüstet sind. Hinweise werden erwartet, an welchen Stellen Änderungsbedarf besteht und wie dieser finanziell zu quantifizieren ist.

2.       Die Ausgestaltung des allgemeinen Notfalldienstes außerhalb der Sprechstundenzeiten („Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe“) führt nicht nur zu immer stärkerer Kritik bei     Patientinnen und Patienten. Auch innerhalb der Ärzteschaft selbst wird inzwischen darüber eine deutlich öffentlich wahrnehmbare Diskussion geführt (Dr. T. Windhorst, ÄKWL: „Wir verfügen zweifellos über eine sehr hochwertige Notfallversorgung. Gleichwohl gibt es Fehlentwicklungen: Die Rettungsdienste beklagen immer mehr unnötige Einsätze, die Klinikambulanzen sind Anlaufstelle für immer mehr Menschen, die eigentlich den ärztlichen Bereitschaftsdienst in Anspruch nehmen müssten, der außerhalb der Praxisöffnungszeiten organisiert ist.“)

Feststellbar ist, dass lange Wartezeiten beim KV-Notdienst , ein Hinterfragen der angebotenen Qualität und der Organisation zu steigenden Zahlen beim Notruf-Aufkommen führen.

Aus dem Lahn-Dill-Kreis ist ein erfolgreiches Modellvorhaben bekannt (z.B. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 110, Heft 9, 1. März 2013), in dem durch ärztliche Koordinatoren innerhalb der dortigen Integrierten Zentralen Leitstelle einem Drittel der Anrufer telefonisch bereits weitergeholfen werden konnte und nächtliche Einsätze im Bereitschaftsdienst oder Selbsteinweisungen ins Krankenhaus deutlich abgenommen haben.

Zu untersuchen ist, wie ggf. die Hilfeleistungs-Systeme im Gesamtsystem der medizinischen Notfallversorgung durch eine entsprechende Leitstellen-Organisation verbessert werden kann. Hier wäre dann aufgrund des Gesprächs eines Arztes bzw. einer Ärztin mit dem Anrufer zu entscheiden, ob der Notarzt aufgrund einer vitalen Gefährdung des Patienten alarmiert wird oder der KV-Notdienst zum Einsatz kommt. Ggf. kann eine direkte Abklärung mit einem anwesenden Mediziner erfolgen.

3.      Hinsichtlich des heimischen fachärztlichen Notdienstes wird von Patienten die augenärztliche Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten kritisiert. Betroffene werden an Einrichtungen in Lüdenscheid und Gießen verwiesen, wobei der Transport in der Regel selbst zu organisieren ist. Zu untersuchen ist, ob es Optionen gibt, die Notfallversorgung im Bereich der Augenheilkunde regional sicherzustellen.

4.      Ziel einer besonders vernetzten Versorgung von Patienten in Pflegeeinrichtungen ist es, über eine verbesserte Kommunikation aller an der Betreuung der Patienten beteiligten Fachgruppen insbesondere durch gemeinsam abgestimmtes und koordiniertes Handeln bei kritischen Ereignissen unnötige und belastende Krankenhauseinweisungen zum Wohle der Pflegeheimbewohner zu verhindern. Das Gutachten sollte Optionen aufzeigen, wie in einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Ärztenetzen (z.B. Gesundheitsregion Siegerland, Palliativnetzwerk o. ä.) sich die Versorgungssituation im Zusammenhang mit Pflegeeinrichtungen verbessern und sich damit Rettungseinsätze durch z.B. Notfälle am Wochenende reduzieren lassen.
Ebenso sollten Optionen des Einsatzes von digitalen Anwendungen in der Medizin (Telemedizin) aufgezeigt werden, die ggf. sowohl Ressourcen-schonende Effekte haben, eine qualitative Weiterentwicklung für den Rettungsdienst insgesamt bedeuten und zu patientenfreundlicheren Entscheidungen führen können.

5.      Positive Rückmeldungen gibt es aus den Bereichen, in denen die handlungsnahen Beteiligten im Rahmen eines regelmäßig stattfindenden „Runden Tisches“  zu einer aktiven Vernetzung im Rettungsdienst beitragen. Dies dient der Qualität des Rettungssystems wie der inneren Bindung der Beteiligten und damit einem förderlichen Betriebsklima. Insofern sollte das Gutachten Vorschläge für einen solchen Qualitätszirkel Rettungsdienst erhalten, der frühzeitig Probleme, Handlungsnotwendigkeiten bzw. Bedarfe im Sinne einer guten Versorgungssituation erkennen lässt.

 6.      Die Luftrettung in unserem Kreis wird durch den ADAC-Rettungshubschrauber Christoph 25 sichergestellt. Die nächsten Standorte der Luftrettung sind Köln,. Gießen, Dortmund oder Frankfurt, wodurch auch die überregionale Bedeutung erkennbar wird.

(Christoph 25 ist zuständig für den Oberbergischen Kreis, den Kreis Olpe, den Hochsauerlandkreis, den Märkischen Kreis und unseren Kreis Siegen-Wittgenstein)

Der notärztliche Dienst im Rettungshubschrauber mit seinen rund 1.300 Einsätzen im Jahr wird ausschließlich durch Notärzte des Diakonie-Klinikums Jung-Stilling sichergestellt. Die langfristige Sicherung des Hubschrauberstandortes am Jung-Stilling-Krankenhaus ist deshalb zu fordern. Das Gutachten soll dafür ggf. weiteren notwendigen Handlungsbedarf und evtl. überregionale finanzielle Förderungen für diese für den Rettungsdienst bedeutende Infrastruktur aufzeigen.

Begründung:

Es ist schnellstens sicherzustellen, dass für den Kreis Siegen-Wittgenstein ein dem Rettungsgesetz NRW voll und ganz entsprechender Rettungsdienstbedarfsplan erarbeitet wird. Ein weiteres Herauszögern eines sachlich richtigen und fachlich fundierten Planes ist nicht verantwortbar.

Die  Aufmerksamkeit muss dem Einhalt der Rettungsfristen gelten, wozu der Bedarf an Infrastruktur, Rettungsmitteln sowie die personelle Ausstattung quantitativ und qualitativ zu bemessen ist.

Darüber hinaus gilt es für den „ländlichen Raum“ Siegen-Wittgenstein sowohl im Interesse der Patientinnen und Patienten wie einer von Qualität und Wirtschaftlichkeit getragenen Versorgung individuelle regionale Regelungen zu erreichen. Diese betreffen neben dem Rettungsdienst auch die notärztliche Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten. Hier sind Vernetzungen zu prüfen, die letztlich zu einer deutlichen Verbesserung der medizinischen Versorgung insgesamt führen und damit zu einer Steigerung der Lebensqualität in Siegen-Wittgenstein beitragen könnten.