Telemedizin kann Notfallversorgung verbessern

29.11.2017

CDU informierte sich in Aachen über „Telenotarzt“ als zusätzliches Rettungsmittel
Eine Arbeitsgruppe der CDU-Kreistagsfraktion informierte sich jetzt in der Rettungsleitstelle Aachen, wie mit Möglichkeiten der Telemedizin dort die Notfallversorgung optimiert wird. „Wir sind von dieser neuen technischen Unterstützung absolut überzeugt, sie hat ihren Praxistest bestanden“, zog Jürgen Wolff, Fachbereichsleiter der Feuerwehr Aachen,  sein Fazit.
Die Rede ist von einem „Telenotarzt-Dienst“, der es dem Rettungsdienstpersonal jederzeit ermöglicht, per Knopfdruck einen Notarzt telefonisch hinzuzuschalten. Das Verfahren erläuterte Nils Lapp, Abteilungsleiter für die Einsatzunterstützung Rettungsdienst in Aachen: „In Echtzeit werden Vitalparameter des Patienten sowie bei bedarf auch Fotos durch einen telemedizinischen Patientenmonitor übermittelt.“ Der Telenotarzt verfüge dabei über eine speziell entwickelte Dokumentations-Software, der ihm eine leitliniengetreue Behandlung und umfassende Dokumentation jedes Einsatzes ermögliche.
„Es ist schon beeindruckend, wie so die Zeit verkürzt und überbrückt werden kann, wenn vor Ort nicht über einen Notarzt verfügt werden kann,“ findet Kornelia Busch-Pfaffe, Vorsitzende des Kreis-Gesundheitsausschusses. Es sei als ein ergänzender Baustein zum „Fahrenden Notarzt“ anzusehen.
Bei der Besichtigung des Telenotarzt-Arbeitsplatzes ließen sich die Gäste aus Siegen-Wittgenstein den genauen Ablauf der Unterstützung demonstrieren. Die Kontaktaufnahme zwischen den Rettungs- oder Notfallsanitätern vor Ort und dem Telenotarzt erfolgt via Mobilfunk und Bluetooth-Headset, wobei die parallele Nutzung mehrerer Mobilfunknetze eine robuste Nutzung der verschlüsselten Sprach- und Datenübertragung sicherstellt. Das Team des Rettungswagens vor Ort schildert dem zugeschalteten Notarzt die Situation an der Einsatzstelle. Anhand bewährter Anamnese-Schemata werde der Zustand des Patienten strukturiert, analysiert und zugleich dokumentiert. In der Software sind Verfahrensanweisungen aufgrund der aktuell gültigen Leitlinien hinterlegt, die den Telenotarzt bei der Diagnose und Therapie unterstützen, während er die Vitaldaten in Echtzeit auf seinem Bildschirm sieht. Die Dokumentation kann sogleich digital an die aufnehmende Klinik gesendet werden.
Inzwischen, so Nils Lapp, seien in Aachen 15  Rettungsfahrzeuge mit der Mobilstation ausgerüstet. Parallel zu dieser stufenweisen Ausstattung wurde die Verfügbarkeit des Telenotarztes auf 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche ausgeweitet.
Die Einsatzquote des „fahrenden Notarztes“ konnte von 36 Prozent auf gut 23 Prozent gesenkt werden. „Hier entsteht mehr Kapazität für die wirklichen Notfälle.“
Das in Aachen jetzt erfolgreich verwendete System entstand durch ein gemeinsames Forschungsvorhaben der Uniklinik Aachen, der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, der Aachener Feuerwehr und des örtlichen Unternehmens P3 telehealthcare, dessen Geschäftsführer, der Anästhesist Bernd Valentin, das Verfahren bei einer Fokos-Veranstaltung der Universität Siegen kürzlich vorgestellt hatte. Das Forschungsvorhaben war vom Land NRW sowie von der EU über den EFRE-Fonds unterstützt worden.
„Wir haben erfahren können, dass Telemedizin die Notfallversorgung tatsächlich optimieren kann“, sagt Dr. Uta Butt, Vorsitzende des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CDU in Siegen-Wittgenstein. Möglich sei eine ärztliche Unterstützung der RTW-Teams ohne Notarzt, die tele-notärztliche Transportbegleitung sowie die Begleitung von Verlegungstransporten. Der Telenotarzt dient  letztendlich der ärztlichen Beratung der Leitstelle und unterstützt durch Zweitmeinung die Einsatzkräfte.
Der eingesetzte Notarzt in der Leitstelle, so erläuterte der Notfallmediziner Dr. Frederik Hirsch, bei P3 für die Ausbildung von Ärzten und Rettungsdienstmitarbeitern zuständig,  hätte Notarzt- und Facharztqualifikation, müsse mindestens 500 Notarzteinsätze absolviert haben und sei zusätzlich als Telenotarzt qualifiziert.
Nach der intensiven Forschungsphase ist das Telenotarztsystem in Aachen jetzt seit drei Jahren im Regelbetrieb, rund 10 Tausend Einsätze wurden damit zwischenzeitlich abgewickelt. „Vor dem Hintergrund, dass es zu einer deutlichen Verbesserung der Qualität in der Notfallversorgung gekommen ist, wünschen wir uns, dass auch solche neuen technologischen Möglichkeiten bei dem Gutachten für den künftigen Rettungsdienstbedarfsplan berücksichtigt werden,“ fordert CDU-Fraktionsvorsitzender Bernd Brandemann nach dem Besuch der Leitstelle in Aachen.