Telenotarzt-System wird Rettungswesen verbessern

16.09.2022

Diskussions- und Info-Abend des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CDU

Mit dem Rettungswesen insgesamt beschäftigt sich derzeit der Gesundheitspolitische Arbeitskreis (GPA) im CDU-Kreisverband Siegen-Wittgenstein. Nach einem Besuch am neuen Standort der ADAC-Luftrettung standen jetzt Informationen zum künftigen Telenotarzt-System auf dem Programm. Vorsitzender Bernd Ginsberg (Siegen) konnte dazu den Gesundheits-Dezernenten der Kreisverwaltung, Thiemo Rosenthal, und den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst des Kreises, Dr. Jörn Worbes, zugleich leitender Arzt der Zentralen Notaufnahme des Jung-Stilling-Klinikums, zu der gut besuchten Veranstaltung im „Forum im Garten“ begrüßen.
Auch im Kreis Siegen-Wittgenstein wird zukünftig eine telenotärztliche Versorgung in der gemeinsamen Trägergemeinschaft der südwestfälischen Kreise zur Verfügung stehen. Auf einen flächendeckenden Regelbetrieb des Telenotarzt-Systems bis 2025 hatten sich NRW-Landesregierung, kommunale Spitzenverbände, Ärztekammern und Krankenkassen verständigt.
Begonnen hätten die Telenotarzt-Forschungen in der Stadt Aachen, berichtete Jörn Worbes. Seit 2014 sei es dort in den Regel-Rettungsdienst integriert. „Es funktioniert extrem gut,“ so die Wertung des Mediziners.
Das neue System ergänze hervorragend die Strukturen des Rettungsdienstes und könne für mehr Qualität und Effizienz sorgen: „Profitieren werden Patientinnen und Patienten, wenn jede Minute zählt.“ Denn, mit dem Telenotarzt-System kann die direkte Verfügbarkeit des notärztlichen Sachverstandes gesteigert werden. Der „Telenotarzt“, eine erfahrene Notärztin oder Notarzt mit jeweils zusätzlicher Qualifikation, steht mit dem örtlichen Rettungsdienst über Mobilfunk in Verbindung und kann mittels Echtzeit-Datenübertragung von Vitalparametern (EKG, Blutdruckwerte usw.) und Live-Bildern einer Rettungswagen-Kamera die Patienten unterstützend begutachten. Er verfügt zugleich über direkten Zugriff auf computer-gestützte Checklisten und hinterlegten Leitlinien, um daraus gezielte Therapiemaßnahmen mit der Rettungswagenbesatzung abstimmen. Neben der Unterstützung bei der Diagnose-Findung kann er steuernde Hinweise geben, in welches geeignete Krankenhaus der Patient gebracht werden soll.
Einerseits, so Dr. Worbes in seiner Bewertung, stehe deutlich schneller notärztliche Kompetenz zur Verfügung, andererseits könnten unnötige Notarzteinsätze vermieden werden. „Ein nicht unwesentliches Argument, denn auch Notärzte gebe es keinesfalls im Überfluss und diese können dann in der so frei gewordenen Arbeitszeit ihren wichtigen Klinik-Aufgaben nachkommen.“ Bisherige Untersuchungen zeigten, dass nur in 10 bis 20 Prozent der Einsätze die physische Anwesenheit eines Notarztes vor Ort tatsächlich erforderlich sei.
Dr. Jörn Worbes stellt ebenso eindeutig klar: „Das Ziel des Systems Telenotarzt ist nicht, den Notarzt zu ersetzen. Wo immer ein Notarzt vor Ort tatsächlich gebraucht wird, wird er auch alarmiert.“
Für die Einführung in Siegen-Wittgenstein gelte es, die notwendige Maßnahmen und Fahrzeug-Ausstattungen nunmehr auch finanztechnisch vorzubereiten, erläuterte Kreis Dezernent Thiemo Rosenthal. Er hatte vorab insgesamt Struktur und Vorgaben für den Rettungsdienst in Siegen-Wittgenstein erklärt, der auf dem im Jahr 2019 vom Kreistag verabschiedeten Rettungsdienstbedarfsplan basiert. Maßgabe sei gewesen, die gesetzten Hilfsfristen besser zu erreichen. Diese hängen vom Standort der Rettungswache, der Anzahl der Rettungsfahrzeuge und von der möglichen „Duplizität von Einsätzen“ ab. „Für die Optimierung werden Rettungswachen verlagert, neu gebaut und die Anzahl der Fahrzeuge deutlich erhöht,“ beschrieb Rosenthal die Handlungsmaßgaben aus dem neuen Plan.
Aktuell sei für Südwestfalen die Kernträgerschaft „Kreis Soest“ für das Telenotarzt-System geklärt. „Das ist ein Beispiel für gelebte überregionale Zusammenarbeit.“
„Ich halte diese Neuerung gerade für uns im ländlichen Raum für eine sehr hilfreiche Ergänzung,“ zog stellv. Landrat André Jung sein Fazit, der selbst einige Zeit im Rettungsdienst tätig war. Allerdings sei Voraussetzung, dass auch die Datenübertragung funktioniere.
Bernd Ginsberg bedankte sich bei den Referenten für die zahlreichen Informationen. „Das vorgestellte Telenotarzt-System kann einen wichtigen Beitrag zum Wohl der Patientinnen und Patienten beitragen, wenn Diagnosen so viel zeitnaher und unmittelbar gestellt und Therapien veranlasst werden können. Das stärkt die Rettungskräfte vor Ort sehr deutlich.“
Für das Telenotarzt-System hatte sich bereits 2019 die CDU-Fraktion im Kreistag Siegen-Wittgenstein eingesetzt. Eine Arbeitsgruppe informierte sich damals in der Telenotarzt-Zentrale in Aachen, um mehr über diese Optimierungsmöglichkeiten im Rettungsdienst zu erfahren. Bei der Besichtigung des Telenotarzt-Arbeitsplatzes in der Leitstelle Aachen konnte der genaue Ablauf der Unterstützung nachverfolgt werden. „Wir haben eine deutliche Qualitätsverbesserung in der Notfallversorgung erleben können,“ berichtet Bernd Brandemann von dem damaligen Besuch. Gut und richtig sei, dass jetzt eine Umsetzung bevorstehe.