Vortragsveranstaltung von Frauen Union und CDU-Stadtverband Kreuztal zum Thema Stress

17.07.2017

Stress: Eines der 100 Wörter des 20. jahrhunderts
Was haben Perestroika, Pille, Planwirtschaft, Radar, Radio, Reißverschluss und Stress gemeinsam? Sie alle gehören zu den 100 Wörtern des 20. Jahrhunderts, ausgewählt von einer Jury prominenter Persönlichkeiten aus den Bereichen Publizistik, Literatur und Fernsehen.
Stress bei der Arbeit, Stress zu Hause, Stress in der Freizeit – wer hat ihn nicht? Stress gehört heute schon fast zum "guten Ton". Multitasking ist normal: Beim Kochen telefonieren, beim Spazierengehen schnell noch mal die Mails checken. Die meisten Menschen setzen die Anforderungen des modernen Lebens unter Druck.
Alexander Weber, Wirtschaftspsychologe, erläutere anlässlich eines Vortrages in der Stadtbibliothek Kreuztal, dass etwa jeder dritte Arbeitnehmer unter Stresssymptomen leidet. Besonders Führungskräfte und Berufsgruppen, die täglich verschiedene „Rollen“ verkörpern müssen (z. B. auch Lehrer und Pädagogen), sind gefährdet. Eingeladen hatte der CDU Stadtverband Kreuztal und die Frauen Union Siegen-Wittgenstein.
„Stress ist ein intensiver Spannungszustand, der als unangenehm empfunden wird“, so Weber. Es gibt aber auch positiven Stress (den sog. „Eustress“), der als kreativ und stimulierend wahrgenommen wird. Beispiel Hausbau: In der Bauphase erleben die Bauherrn und Baufrauen positiven Stress (jedenfalls meistens). Das Haus entsteht und man arbeitet an seinem zukünftigen Eigenheim. Später kann sich dann dieser positive Stress in negativen Stress (den sog. „Disstress“) verwandeln, wenn es beispielsweise um Grenzstreitigkeiten mit dem Nachbarn geht.
Um ein Burnout zu verhindern ist es wichtig, Entspannungsphasen einzuhalten. Entspannung erhält die Leistungsfähigkeit und fördert die Regeneration. Auch sollte jeder die Anforderungen an sich selbst einer kritischen Betrachtung unterziehen. Überhöhte Anforderungen, starre Abläufe und ein schwieriges soziales Umfeld begünstigen die Entstehung eines Burnout.
Aber nicht nur permanente Überforderung sondern auch andauernde Unterforderung wirkt sich ungesund auf den menschlichen Organismus aus. „Dass es neben dem Burnout-Syndrom („ausgebrannt sein“) auch ein Boreout-Syndrom („ausgelangweilt sein“) gibt, ist den wenigsten Menschen bekannt“, erklärte Weber. Boreout betrifft häufig überqualifizierte Menschen, die sich in Ihrem Job und Umfeld unterfordert fühlen. Sie arbeiten auf Sparflamme und schaffen es meist nicht, ihre Situation ohne fremde Hilfe zu ändern bzw. zu verbessern.
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die Abgrenzung zur Depression u. U. schwierig sein kann. „Deshalb ist es wichtig, sich rechtzeitig professionelle Unterstützung zu holen, um die Abwärtsspirale zu durchbrechen“, ergänzte Dr. Ralf Grebe, Arzt mit mehrjähriger psychotherapeutischer Erfahrung, der als interessierter Bürger der Veranstaltung beiwohnte.
Viele Unternehmen haben dies bereits erkannt und etablieren ein betriebliches Gesundheitsmanagement, um vorbeugend mit der Thematik umzugehen.
Als Fazit der Veranstaltung lässt sich festhalten, dass das Thema Stress und die daraus resultierenden Folgen, von der heutigen Gesellschaft kaum noch verdrängt geschweige denn ignoriert werden dürfen. Es gibt kein Patentrezept dafür, um nicht an Burnout oder Boreout zu erkranken bzw. in stressige Situationen zu geraten. Wichtig ist, dass man mit „offenen Augen“ durchs Leben geht und seine eigenen Grenzen erkennt und akzeptiert und man sich hin und wieder eine Auszeit gönnt, um die eigenen Energiereserven aufzuladen. Aufgabe der Politik ist es, Strukturen zu schaffen, die zur Früherkennung beitragen. Ausreichend Ärzte und Therapeuten sind notwendig, um Betroffenen im Ernstfall zeitnah zu helfen.